Urteil: Insolvenzrechtlicher Rang eines Abfindungsanspruchs nach §§ 9, 10 KSchG
Macht erst der Insolvenzverwalter einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG rechtshängig und löst das Gericht das Arbeitsverhältnis daraufhin auf, ist der Anspruch auf Abfindung nach § 10 KSchG eine Masseverbindlichkeit, die nach § 53 InsO vorweg zu berichtigen, also wie geschuldet in voller Höhe zu erfüllen ist. Das gilt auch dann, wenn die der Auflösung zugrunde liegende Kündigung noch vom späteren Insolvenzschuldner erklärt worden ist.
Mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 kündigte die spätere Insolvenzschuldnerin das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 15. Januar 2015. Während des erstinstanzlichen Kündigungsschutzverfahrens kündigte sie in einem an den Klägeranwalt vom Arbeitsgericht formlos übersandten Anwaltsschriftsatz vom 26. Januar 2015 den Hilfsantrag an, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2015 hat der Kläger das unterbrochene Verfahren gegen den zum Insolvenzverwalter bestellten Beklagten aufgenommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 9. Juni 2016 hat der Beklagte auch den Auflösungsantrag „vom 26.01.2015“ gestellt. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 1.558,75 Euro aufgelöst, die „zur Insolvenztabelle festgestellt wird“. Das Landesarbeitsgericht hat die auf die insolvenzrechtliche Einordnung des Abfindungsanspruchs beschränkte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger weiterhin die Zahlung des Abfindungsanspruchs als Masseverbindlichkeit. Die Antragstellung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung stelle die maßgebliche Handlung dar, auf der die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und damit der Abfindungsanspruch beruhten. Demgegenüber hat der Beklagte den Standpunkt vertreten, sowohl die Kündigungserklärung als auch die erstmalige Einführung des Auflösungsantrags in den Prozess als maßgebliche Handlungen seien durch die Insolvenzschuldnerin erfolgt.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Mangels Zustellung hat nicht schon der Schriftsatz der späteren Insolvenzschuldnerin vom 26. Januar 2015, in dem der Auflösungsantrag angekündigt war, zu dessen Rechtshängigkeit geführt. Diesbezüglich war auch keine Heilung eingetreten. Den Auflösungsantrag als die für die insolvenzrechtliche Einordnung maßgebliche Handlung hat erstmals der beklagte Insolvenzverwalter in der mündlichen Verhandlung des Arbeitsgerichts vom 9. Juni 2016 rechtshängig gemacht (§ 261 Abs. 2 1. Alt. ZPO).
Quelle: Bundesarbeitsgericht
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. März 2019, Nr. 13/19.
Weitere Urteile:
„Fall Emmely“ – Fristlose Kündigung – unrechtmäßiges Einlösen aufgefundener Leergutbons
„Fall Emmely“ – Fristlose Kündigung – unrechtmäßiges Einlösen aufgefundener Leergutbons Ein vorsätzlicher Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Vertragspflichten kann eine fristlose Kündigung auch dann rechtfertigen, wenn der damit einhergehende wirtschaftliche...
mehr lesenAnspruch auf Mindestlohn bei einem Praktikum – Unterbrechung des Praktikums
Urteil: Anspruch auf Mindestlohn bei einem Praktikum – Unterbrechung des Praktikums Praktikanten haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für...
mehr lesenArbeitgeber muss Fahrradlieferanten Fahrrad und Mobiltelefon als notwendige Arbeitsmittel zur Verfügung stellen
Arbeitgeber muss Fahrradlieferanten Fahrrad und Mobiltelefon als notwendige Arbeitsmittel zur Verfügung stellen - Fahrradlieferanten (sogenannte „Rider“), die Speisen und Getränke ausliefern und ihre Aufträge über eine Smartphone-App erhalten, haben Anspruch...
mehr lesenArbeitnehmereigenschaft von „Crowdworkern“
Arbeitnehmereigenschaft von „Crowdworkern“ - Die tatsächliche Durchführung von Kleinstaufträgen („Mikrojobs“) durch Nutzer einer Online-Plattform („Crowdworker“) auf der Grundlage einer mit deren Betreiber („Crowdsourcer“) getroffenen Rahmenvereinbarung kann ergeben, dass die rechtliche...
mehr lesenAufhebungsvertrag – Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds
Urteil: Aufhebungsvertrag – Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds Beabsichtigt der Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis mit einem Betriebsratsmitglied unter Berufung auf verhaltensbedingte Gründe außerordentlich zu kündigen und schließen Arbeitgeber und Betriebsratsmitglied nach Einleitung eines...
mehr lesenDividendenabhängige Tantieme – „Verwässerungsausgleich“ bei effektiven Kapitalerhöhungen
Urteil: Dividendenabhängige Tantieme – „Verwässerungsausgleich“ bei effektiven Kapitalerhöhungen Die Regelung des „Verwässerungsschutzes“ bei nominellen Kapitalerhöhungen in § 216 Abs. 3 Satz 1 Aktiengesetz (AktG)* ist nicht entsprechend auf Fälle effektiver...
mehr lesenErschütterung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Erschütterung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttern, wenn...
mehr lesenGesetzlicher Urlaubsanspruch – unbezahlter Sonderurlaub
Urteil: Gesetzlicher Urlaubsanspruch – unbezahlter Sonderurlaub Für die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs bleiben Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt. Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. Juni 1991 beschäftigt....
mehr lesenInsolvenzrechtlicher Rang eines Abfindungsanspruchs nach §§ 9, 10 KSchG
Urteil: Insolvenzrechtlicher Rang eines Abfindungsanspruchs nach §§ 9, 10 KSchG Macht erst der Insolvenzverwalter einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG rechtshängig und löst das Gericht das...
mehr lesenKündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederverheiratung
Urteil: Kündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederverheiratung Ein der römisch-katholischen Kirche verbundenes Krankenhaus darf seine Beschäftigten in leitender Stellung bei der Anforderung, sich loyal und aufrichtig im Sinne...
mehr lesenMassenentlassung – Kündigung sofort nach Eingang der Massenentlassungsanzeige zulässig
Urteil: Massenentlassung – Kündigung sofort nach Eingang der Massenentlassungsanzeige zulässig Die nach § 17 Abs. 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige kann auch dann wirksam erstattet werden, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt...
mehr lesenMindestlohn – arbeitsvertragliche Ausschlussfrist
Urteil: Mindestlohn – arbeitsvertragliche Ausschlussfrist Eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den ab dem 1. Januar 2015...
mehr lesenSachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigung
Urteil: Sachgrundlose Befristung – Vorbeschäftigung Wird ein Arbeitnehmer 22 Jahre nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut bei demselben Arbeitgeber eingestellt, gelangt das in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG...
mehr lesenUrlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis
Urteil: Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis Endet das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers, haben dessen Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB iVm. § 7 Abs....
mehr lesenVerfall von Urlaubsansprüchen – Obliegenheiten des Arbeitgebers
Urteil: Verfall von Urlaubsansprüchen – Obliegenheiten des Arbeitgebers Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor...
mehr lesenVergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten eines Wachpolizisten
Vergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten eines Wachpolizisten - Das An- und Ablegen einer auf Weisung des Arbeitgebers während der Tätigkeit als Wachpolizist zu tragenden Uniform und persönlichen Schutzausrüstung nebst...
mehr lesenVerjährung von Urlaubsansprüchen
Verjährung von Urlaubsansprüchen - Zur Klärung der Frage, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach §§ 194 ff. BGB der Verjährung unterliegt, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts ein Vorabentscheidungsersuchen...
mehr lesenVerrechenbarkeit von Sozialplanabfindung und Nachteilsausgleich
Urteil: Verrechenbarkeit von Sozialplanabfindung und Nachteilsausgleich Abfindungen aufgrund eines Sozialplans und aufgrund eines gesetzlichen Nachteilsausgleichs sind verrechenbar. Die beklagte Arbeitgeberin beschloss im März 2014, den Beschäftigungsbetrieb des Klägers stillzulegen. Über...
mehr lesenAbfindung
Anwalt Abfindung München Vereinbaren Sie kurzfristig einen Termin: Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Beratungstermin und wir klären Sie über die rechtliche...
mehr erfahrenAbmahnung Arbeitsrecht
Abmahnung im Arbeitsrecht Abgemahnt und kurz vor der Kündigung? jetzt Termin vereinbaren! Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Beratungstermin und wir klären...
mehr erfahrenArbeitsrecht
Anwalt Arbeitsrecht München Kurzfristig einen Termin für eine Beratung beim Anwalt Arbeitsrecht in München vereinbaren unverbindliche Beratung Kanzlei Öffnungszeiten Montag...
mehr erfahrenArbeitsvertrag prüfen lassen
Arbeitsvertrag prüfen lassen Sie möchten Ihren Arbeitsvertrag prüfen lassen? Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Steinbacher klärt Sie auf! unverbindliche Beratung Anwaltskanzlei Öffnungszeiten...
mehr erfahrenAufhebungsvertrag
Aufhebungsvertrag Anwalt Sie sind Arbeitnehmer? Hier einen Blitztermin vereinbaren: Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Beratungstermin und wir klären Sie über die...
mehr erfahrenFristlose Kündigung
Fristlose Kündigung Vereinbaren Sie kurzfristig einen Termin: Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Beratungstermin und wir klären Sie über die rechtliche Vorgehensweise...
mehr erfahrenKündigung
Anwalt Kündigung München Vereinbaren Sie kurzfristig einen Termin: Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Beratungstermin und wir klären Sie über die rechtliche...
mehr erfahrenKündigungsschutzklage
Anwalt Kündigungsschutzklage München Vereinbaren Sie kurzfristig einen Termin: Vereinbaren Sie einen unverbindlichen Beratungstermin und wir klären Sie über die rechtliche...
mehr erfahren